Chinesisches Storytelling
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Chinesisches Storytelling – ein Fenster in die Seele der ältesten Zivilisation. Tief verwurzelt in einer über 3.500 Jahre alten Geschichte, gewährt uns China nicht nur einen Blick auf die älteste Hochkultur unseres Planeten, sondern reflektiert auch die gesellschaftlichen Wandlungen und Entwicklungen durch die Zeiten hindurch.
Die enge Verflechtung von Geschichte und Kultur verleiht dem chinesischen Storytelling seinen reichen Inspirationscharakter für uns Autor:innen. Sehen wir es uns an!
Die Kunst des traditionellen Storytellings – "Pingshu"
Im Herzen der chinesischen Kultur steht das Storytelling, bekannt als „Pingshu“, eine facettenreiche Kunst, die sich durch Zeugenaussagen, Dramen, Musik oder Gedichte ausdrückt. Diese Kunstform, die in Teehäusern und auf Marktplätzen praktiziert wurde, diente nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Bildung des Volkes.
In den Teehäusern hatten die Pingshu-Darsteller:innen ihren eigenen Tisch – ihre Ankunft wurde stets mit großer Vorfreude erwartet. Der/Die Storyteller:in trug traditionell eine Robe und saß hinter einem Tisch, ausgestattet mit einem gefalteten Fächer und einem Hammer oder Stock. Letzteres wurde dafür genutzt, um auf den Tisch zu schlagen, als Warnung an das Publikum, ruhig zu sein, woraufhin der Teehausbesitzer mit den Worten „Er öffnet den Mund“ den Beginn der Erzählung ankündigte.
Die Storyteller:innen fügten den Themen und Charakteren oft eigene Kommentare hinzu und erklärten die Herkunft sowie materielle Objekte in den Stories. So wurden die Zuschauer während der Vorführungen nicht nur unterhalten, sondern gleichzeitig auch gebildet.
Der Beruf des/der Storyteller:in wurde als respektvolle Tätigkeit angesehen, weswegen sie sogar zu besonderen Anlässen in private Haushalte eingeladen wurden, um dort ihre Kunst zum Besten zu geben:
Von der Gegenwart erzählen und über die Vergangenheit nachdenken - gute Worte, um die Welt zu erleuchten.
„Pingshu“ gibt es auch noch heute. Erzählt wird dabei nicht nur über die drei Kaiserreiche und die fünf Dynastien, auch Stories über Abenteuer und Komödien sind etablierte Publikumslieblinge.
TIPP: Erlebe traditionelles Pingshu im Xuannan Pingshu House in Peking, China.
Die chinesische Schrift
Von Orakelknochen bis zu modernen Medien hat auch die chinesische Schrift eine entscheidende Rolle im chinesischen Storytelling hinsichtlich der Bewahrung und Überlieferung von chinesischen Stories gespielt.
講故事
Storytelling
Die chinesische Schrift mit ihren 50.000 Zeichen ist ein faszinierendes Beispiel für die Komplexität und Tiefe der chinesischen Kultur. Jedes Schriftzeichen, ein Mosaik aus Bildsymbolen, erzählt seine eigene Geschichte und bietet Einblicke in die fernöstliche Weltansicht.
Nehmen wir als Beispiel das Konzept des Storytellings, das im Chinesischen als 講故事 (jiǎng gù shì) ausgedrückt wird. Dieser Ausdruck setzt sich aus drei Zeichen zusammen:
Es zeigt die Handlung der verbalen Übermittlung, das Teilen von Wissen oder Stories. Das Zeichen selbst ist eine Kombination aus Symbolen, die verschiedene Aspekte der Kommunikation darstellen.
Es verweist auf die Tradition des Erzählens, die Stories aus der Vergangenheit weitergibt und somit die Brücke zwischen den Generationen bildet.
In diesem Kontext unterstreicht es die Vielfalt der Themen und Inhalte, die im Storytelling behandelt werden können, von historischen Ereignissen bis hin zu fiktiven Stories.
Zusammengenommen spiegelt der Ausdruck 講故事 (jiǎng gù shì) die reiche Tradition des chinesischen Storytellings wider, das nicht nur als Unterhaltungsform, sondern auch als Mittel zur Bildung, zur Vermittlung von Werten und zur Bewahrung der kulturellen Identität dient.
Jedes Zeichen trägt eine Schicht von Bedeutung, die über die reine Lautsprache hinausgeht und in das kollektive Gedächtnis der chinesischen Kultur eingebettet ist.
Die Legende von Hua Mulan
Eine der berühmtesten Geschichten aus dem reichen Schatz des chinesischen Storytellings ist die Legende von Hua Mulan. Diese Erzählung handelt von einer jungen Frau, die sich als Mann verkleidet, um anstelle ihres kranken Vaters in den Krieg zu ziehen. Über ein Jahrzehnt dient Mulan tapfer im Heer und erringt große Ehren, ohne dass ihre wahre Identität entdeckt wird. Erst nach Kriegsende, als sie ihre Rüstung ablegt, wird ihr Geheimnis enthüllt.
Die Story von Mulan, die durch zahlreiche Adaptionen in Literatur, Film und Musik weiterlebt, ist eine Inspiration für viele und vermittelt wichtige Werte wie Mut, Selbstlosigkeit und die Bedeutung der Familie.
Was sich Autor:innen von Mulans Geschichte mitnehmen können:
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📚 Charaktertiefe und Entwicklung:
Mulans Charakter zeigt eine tiefgehende Entwicklung von einer beschützenden Tochter zu einer furchtlosen Kriegerin. Ihre Story ermutigt Autor:innen, Charaktere zu schaffen, deren Reisen und Wandlungen die Leser fesseln und emotional berühren. -
🌟 Themen und Werte:
Mulans Geschichte veranschaulicht, wie man durch narrative Mittel komplexe Themen wie Geschlechterrollen, Pflichtgefühl und persönliche Identität erkunden kann. Autor:innen können sich davon inspirieren lassen, in ihren Werken vielschichtige Themen zu behandeln, die zum Nachdenken anregen.
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🌍 Kulturelle Einflüsse:
Mulans Legende ist tief in der chinesischen Kultur verwurzelt, zeigt aber gleichzeitig universelle Werte. Autoren können lernen, wie man kulturelle Elemente nutzt, um Geschichten Authentizität zu verleihen und gleichzeitig eine Brücke zu Lesern unterschiedlicher Hintergründe zu schlagen.
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📖 Die Kraft des Storytellings:
Die anhaltende Beliebtheit von Mulans Geschichte unterstreicht die Kraft des Storytellings, Generationen zu überdauern und Menschen weltweit zu inspirieren. Autoren können daraus die Bedeutung erkennen, zeitlose Geschichten zu erzählen, die auch in Zukunft relevant bleiben.
Mulan lehrt uns, dass mutige und unkonventionelle Protagonisten, die für ihre Überzeugungen einstehen, das Herz jeder großen Story sind. Sie zeigt, dass wahre Heldentaten oft aus Liebe und Pflichtgefühl entstehen und dass jede Stimme, egal wie leise, die Macht hat, großartige Stories zu schreiben bzw. zu erzählen.
In diesem Sinne:
Happy storify.ing! ✨
Sabrina
Dieser Artikel wurde mit ganz viel in Peking, China geschrieben.